Die Wechseljahre - der Anfang vom Ende?

Die Wechseljahre - der Anfang vom Ende?

Täglich sehe ich Frauen, die sich in Dessous im Spiegel anschauen. Ich sehe den Ausdruck in ihren Augen, wenn sie ihre Körper betrachten. Versuche zu begreifen, wie sie sich sehen. Wir sprechen über Wahrnehmung und gesellschaftliche Normen.

In den 5 Jahren meiner Arbeit habe ich viele Dinge gehört, die über Körper gesagt wurden. Einiges kannte ich von mir selbst, anderes war mir neu.

Manchmal bringen Frauen ihre Partner mit. Auch die Männer beobachten ihre Frauen, sehen den Gesichtsausdruck, wenn sie sich im Spiegel betrachtet und stellen nahezu immer wieder eine Frage: Fühlst Du Dich wohl?

All diese Sätze haben auch mein Bild von mir und meinem Körper beeinflusst.

„Bitte schaue nicht auf meinen Bauch, der ist ganz schwabbelig. Der BH ist ja ganz schön, aber wirken meine Brüste darin auch sexy? Was ist, wenn es meinem Freund nicht gefällt? Soll ich den schwarzen BH nehmen oder ist rot doch besser?“

Während ich die junge Frau vor mir ansehe und überlege, ob mein Körper eigentlich jemals so straff und trainiert war wie ihrer, wird mir klar, dass ich alle diese Sätze auch schon einmal gesagt oder zumindest gedacht hatte.

Getrieben vom Idealbild einer Frau zerrieb ich meine Jugend zwischen Diäten und Selbstperfektion. Nur erreicht habe ich das Ziel nie.

Wenn mein Mann mir beteuerte,  dass er meinen Körper schön findet, war ich eher dazu geneigt ihn einer Wahrnehmungsstörung zu bezichtigen als ihm einfach zu glauben.

 

 „Bitte schaue nicht auf meinen Bauch, meine Brüste, meine Beine und mein Gesicht. Ich werde die Schwangerschaftspfunde einfach nicht los und nun ist auch noch alles so schlaff und hängt einfach nur noch runter. Dabei gehe ich schon 3 mal die Woche zum Sport!

Hoffentlich verlässt mich mein Partner nicht, so, wie ich aussehe. Ach ich würde so gern wieder eine Nacht durchschlafen! Ich brauche auf jeden Fall etwas bequemes“

Meine Kundin ist vor einigen Monaten Mutter geworden und geht nun wieder arbeiten. Jeden Tag bemüht sie sich ihrem Kind eine gute Mutter, ihrem Mann eine schöne Frau, ihrem Arbeitgeber einer wertvolle Kraft und ihrem Haushalt eine Perle zu sein. Sie weiß nicht mehr wie es sich anfühlt ausgeruht zu sein und erkennt sich im Spiegel nicht wieder.

Dass ihr Körper seit Monaten Höchstleistungen vollbringt, hält sie für eine Selbstverständlichkeit.

Auch diese Phase des Lebens ist mir als 3-fache Mutter bekannt. Nach einer Schwangerschaft fühlt sich der eigene Körper häufig erstmal fremd an. Er ist viel weicher als vorher, meist auch größer. Alle um einen herum beteuern, dass das normal sei und wieder weggeht. Aber warum dauert das dann so lange?

Auch mein Mann zögerte nicht, mir zu beteuern, dass mein Körper nach der Geburt zwar anders aussieht, aber kein bisschen seiner Schönheit eingebüßt hat. Dass das Weiche seinen eigenen Reiz hat und er beeindruckt ist, was eine Frau so alles leisten kann. Da hatten wir sie wieder, seine Wahrnehmungsstörung…

Heute möchte ich jeder Mutter sagen, dass es eben nicht selbstverständlich ist, dass wir in der Lage sind während einer Geburt so unglaubliche Kräfte zu mobilisieren, dass wir uns selbst für unser Baby zerreißen oder uns bereitwillig die Bauchdecke öffnen lassen! Ja, das ist der Lauf der Natur – aber es ist dennoch eine phantastische Leistung!

Als meine Tochter 3 Jahre alt war, sagte sie zu mir, sie findet meinen Bauch so weich.

Im ersten Moment war ich traurig, so eine Beleidigung habe ich mir noch nie anhören müssen.

Doch dann ergänzte sie, dass sie meinen weichen Bauch toll findet, weil er so kuschelig ist. Gleiches sagte sie ein paar Tage später auch über meine Brust.

Da hat es klick gemacht. Mein Körper hat 3 perfekte Kinder geboren, mein Mann beteuert, dass er ihn schön findet und meine Kinder finden mich kuschelig! Warum höre ich dann ständig auf die Medien, die mir erzählen wollen, ich sei nicht perfekt genug?

 „Unsere Jüngste ist ausgezogen und wir fahren in die Karibik! Ich brauche einen Badeanzug – ach nein, doch lieber einen Bikini, da kennt mich eh keiner.“

Die Kundin hat ihren Mann mitgebracht. Er sitzt auf seinem Stuhl und beobachtet still wie seine Frau verschiedene BH-Modelle anprobiert.

Schon auf Hochzeiten fand ich es immer spannender den Bräutigam zu beobachten, seinen Gesichtsausdruck, wenn er seine Braut das erste Mal sieht, seinen stolzen Blick, wenn aus seiner Freundin seine Frau geworden ist.

Ähnliches spielt sich bei den mitgebrachten Partnern ab:

Dieser Blick, den sie ihrer Frau zuwerfen, wenn diese eine Pose einnimmt, um ein Dessous vorzuführen. „Schau mich an! Gefällt es Dir? Was sagst Du dazu?“ sagt ihr Blick.

Und er nickt. „Fühlst Du Dich denn wohl?“ fragt er. Ich spüre, dass er sie schon immer gern angesehen hat. Und ich spüre, wie sehr er es genießt, dass sie sich gern von ihm ansehen lässt.

Auch ich lasse mich von meinem Mann ansehen. Ich beschließe, dass ich ihm in seiner Wahrnehmungsstörung folge und ihm einfach glaube. Er findet meinen Körper schön? Gut! Dann hat er in diesem Punkt eben ab sofort Recht.

 „Ich habe mein Leben lang nur beige BHs getragen! Aber dieser rote ist so bequem und so schön! Was wird wohl mein Herbert dazu sagen?“

Die ältere Dame kichert als sie das sagt und ihre Augen strahlen. Mir geht das Herz auf.

 

Abends schaue ich in den Spiegel und betrachte alle meine Falten, Dellen, Wölbungen und Narben. Jedes Detail erzählt eine Geschichte aus meinem Leben.

Ich denke daran, wie mein Körper immer für mich da war:

Ob ich mich verletze oder krank bin, er versucht stets wieder aufzustehen. Wir waren zusammen beim Sport und vertrödelten vor dem Fernseher unsere Zeit. Manchmal bekommt er Nahrung, manchmal aber auch Fastfood. Obwohl ich ihm nicht alles gebe, was er braucht, ist er täglich für mich da.

Ich verspüre das Bedürfnis mich bei meinem Körper zu entschuldigen. Er gibt täglich so viel und bekommt seit Jahren dafür nur Beleidigungen und Unzufriedenheit zurück.

Wir schließen Freundschaft und ich beginne meinem Körper die gleiche Fürsorge und Geduld wie meinen Kindern entgegen zu bringen. Langsam wächst Liebe und ich verstehe, was mein Mann all die Jahre meinte als ich ihm unterstellte, dass er eine Wahrnehmungsstörung hat.

Ich höre auf mich darüber zu ärgern, dass mir viele Kleidungsstücke nicht stehen und konzentriere mich auf die, in denen ich phantastisch aussehe. Andere nennen es Ausstrahlung, aber ich weiß, dass der Unterschied nur der ist, dass mein Körper und ich jetzt beste Freunde sind, die nie wieder getrennt sein wollen. Wir haben beide unsere Macken, wir sind für uns da und wir verbringen den Rest unseres Lebens miteinander.

Täglich schauen wir uns im Spiegel an und entdecken neue Erinnerungen an gemeinsame Abenteuer: ein neues Fältchen, einen neuen Pigmentfleck und vor kurzem sogar unser erstes graues Haar!

Als Gela vom Blog www.lemondays.de mich fragte, ob ich bei der diesjährigen Blogparade zum Thema "weibliche Lust ab 40" mitmachen möchte, habe ich erstmal gestutzt.

Ich bin doch gerade erst 36 geworden, meine Wechseljahre liegen in ferner Zukunft! Was soll ich denn heute darüber sagen können? Gefühlt habe ich vor nicht allzu langer Zeit erst den Hormonumschwung meiner Schwangerschaften überstanden, warum sollte ich mir denn jetzt schon Gedanken zu den Wechseljahren machen?

Und dann habe ich mich in meinem Umfeld umgesehen. Jetzt, wo ich meinen Fokus auf das Thema gelegt habe, tauchen Hinweise darauf auf, dass ich dem Klimakterium näher sein könnte als mir bewusst war. Einige Freundinnen klagen bereits über erste Wehwehchen, andere schwitzen sich bereits durch die kalte Jahreszeit.

Rein medizinisch gesehen, durchlaufen Frauen mehrere große Hormonveränderungen in ihrem Leben: die Pubertät, die Schwangerschaft und die Wechseljahre. Auf Pubertät und Schwangerschaft wurden wir umfassend vorbereitet, wir wussten frühzeitig, was uns erwartet.

Doch die Wechseljahre sind ein Mysterium, über das kaum gesprochen wird. Dabei ist es eine Phase, die wir alle früher oder später durchlaufen.

Mein Körper und ich wollen uns auch dieser Phase stellen. Wir werden das gemeinsam erleben und sehen, welche Erfahrungen uns das bringt. Wir werden uns gegenseitig darin unterstützen, die kleinen Wehwehchen zu lindern und allen Veränderungen etwas Positives abzugewinnen. Wir werden zu den Frauen gehören, bei denen die Ausstrahlung mit den Jahren immer unwiderstehlicher wird.

 

Kennst Du schon Steffi Linkes Beitrag zur Blogparade? Du findest ihn unter:

Die Lust auf Lebensgenuss – sexy, wild und sinnlich!

 

 

 

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3 Kommentare

Liebe Marta,
ich danke Ihnen für diesen wunderbaren Brief an uns Frauen. Ich bin viel älter als Sie, könnte Ihre Mutter sein, und so bewegen mich schon viele Jahre länger Ihre Gedanken. Inzwischen hat mein Mann keinerlei Augen mehr für mich, jegliche Nähe ist vergangenheit. Wo wir sie verloren haben, das weiß ich nicht. Natürlich habe ich gehadert mit mir, habe meinem Körper alle Verfallserscheinungen vorgehalten, mich durch Diäten geplagt, abgenommen, zugenommen, aber niemals habe ich das gemacht, was Sie uns Frauen nun ans Herz legen: Danke deinem Körper, dass er jede Anstrengung mitmacht, dir nach jeder Krankheit wieder auf die Beine hilft. Und habe ich nicht 2 wunderbare Kinder, die in meinem Körper geborgen waren und von ihm ernährt wurden, während und nach der Schwangerschaft?
Ach ja, es ist schon nicht leicht, in den Spiegel zu schauen, aber ich habe mir vorgenommen, meinem Körper mal danke zu sagen. Ich hoffe, es wird mir gelingen. Einfach, damit ich mich gut mit ihm fühlen kann. Und einfach nur für mich selbst.

Karola

Welch‘ zauberhafte Poesie über uns Frauen und unseren leider doch oft kritischen Blick auf unseren Körper.
Ich bin ganz berührt! ♥️♥️♥️

Steffi

Liebe Marta,
was für ein wundervoller Beitrag von dir. Ich bin wirklich beeindruckt, da er nicht nur inhaltlich so wahr und liebevoll ist, sondern dazu auch noch sehr, sehr schön geschrieben.
Und du hast so Recht…wir Frauen betrachten unseren Körper meist viel schlimmer, negativer, unschöner als er in Wahrheit ist. Und die Männer haben oftmals wirklich einen ganz anderen Blick auf ihn und sehen viel seltener die “kleinen Macken”, die wir Frauen aber so gerne perfekt hätten.
Und du hast mich zum Nachdenken gebracht, denn auch hiermit hast du Recht; was unser Körper alles wunderbares leistet unter der Schwangerschaft, Geburt, Wochenbett und der Zeit danach. Dass unsere Brüste dazu in der Lage sind, ein Kind zu ernähren und auch gleichzeitig mit Geborgenheit, Sicherheit zu nähren, wenn die kleinen Mäuse gestillt werden.
Danke für deinen tollen Artikel

Liebe Grüße, nicole

nicole

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